HYPErLYNX.di.gi.arium 00.06.06

morgens kurz bei a., die nach lanzarote abreist. mein haar.schnitt kann sie nicht begeistern. sähe nach topf.pflanze aus. überdies berichtet sie, als ich sage, dass mir auch keine haar.schnitte besserung des aussehens brächten, sondern lediglich NOT.WENDIGKEITEN der reproduktions.arbeit darstellten, ihre freundin habe gemeint, ich betriebe ob des scheiterns der beziehung selbst.bestrafung. da gerät man freilich ins grübeln: mein büro.arbeits.lager, die suff- und drogen.exzesse. schon möglich. wem aber sollte es nützen, dass ich mich selbst bestrafe?

vormittags kn.auftrag im werftpark.theater. schüler.bühnen.geflüster. viele kleine, die den ganzen scheiß noch vor sich haben, aber damit vermutlich besser zu rande kommen werden, weil sie jetzt schon üben, wie man DURCH KUNST EIN ANDERER sein kann, als man leider ist. es gibt ein von einer theater.pädagogin geleitetes warm.up. vokale rufen und dazu die entsprechenden körper.bewegungen. dann soll man zweier.paare bilden und sich "ganz vorsichtig am ohr.läppchen ziehen". die zweier.paare bilden sich schnell. nur ein kleiner dicker junge bleibt übrig. stolpert durch die massen, irgendwie ziel.los und behäbig und bekommt niemanden ab. arithmetisches problem, ungerade anzahl der schüler.innen. aber dennoch großes (selbst)mitleid, als der kleine fett.sack dann still am rand steht. verdonnert, sich das beobachtend anzusehen. so wie ich auf dem theater. so macht man roman.autoren. man enttäuscht früh genug und lässt ihnen keine möglichkeit, als den kosmos im innern zu suchen und den dann wie wild in tastaturen zu hacken.

früh.abends treffen im pds.büro. wann man jetzt austreten soll. und wie man austreten soll. wop arbeitet seit tagen an einer austritts.erklärung, die manifest.charakter haben muss, weil unser.einer natürlich nicht einfach so austritt. arbeit am bang, not a whimper. selbst das scheitern wird noch organisiert. wir sind halt radikale linke. und wo man sich danach mit wem sammelt. stimme zu. aber es kommt mir alles vor wie längst vergangen. man vollzieht längst schon ereignetes nach. setzt punkte hinter sätze, die nicht mehr gelten, jedenfalls nicht für den main.stream in dieser partei. wo die ankommen in der wirklichkeit der koalitions.fähigkeit, sind wir wieder bei null angekommen. beim ungenügen an allem. bei der verzweiflung. nur gibt es bei revolutionären natürlich das wort verzweiflung nicht. kann die raf immer besser verstehen. knarre gegen die verzweiflung, der raketen.werfer vor dem so.und.so.bundesamt, um sich von der verzweiflung FREI zu SCHIESSEN. unbedingte radikalität als last.exit.

abends enervierender kn.auftrag in der muthesius.hochschule. joan fontcuberta. wieder alles total interessant. mal eben eingespleißt das entsprechende kn.teil dazu, das den geilen datei.namen FONTCUBE.TXT trägt:

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Joan Fontcuberta im Muthesius-Forum

Friktion der Fiktion

Seit es die Fotografie gibt, gilt sie als dokumentarisches Medium. Fotos lügen nicht. Das ist zwar mit digitaler Bildverarbeitung längst passé, doch der Glaube an die exakte Abbildung der Welt im Foto ist ungebrochen. Der spanische Künstler Joan Fontcuberta nutzt diese Gutgläubigkeit in seinen Arbeiten. Er schafft, wie er es nennt, "narrative Fotoromane", die vorgeben, Wirkliches zu zeigen. "Aber nicht alles, was existiert, ist auch real, ein Artefakt kann natürlich sein und umgekehrt." Bereits mit solchen Statements stürzt uns Fontcuberta in den Mahlstrom aus Ambivalenzen zwischen Realität und Fiktion, Natur und Artefakt, Wissenschaft und Kunst und nennt seine Arbeiten treffend "science friction", Reibung an der Schein-Objektivität von Wissenschaft.

Noch frapanter kommt das in seiner Fotoinstallation "Fauna" zum Ausdruck. Die zeichnet die Forschungen eines "Professor Ameisenhaufen" nach. Der, so die Fiktion, hat seltsame Wesen entdeckt, geflügelte Elefanten, Schlangen mit zwölf Beinen, einen Affen mit Pferdeleib. Die Fotos zeigen im naturkundlichen Duktus die Centauren, selbst Röntgenaufnahmen ihrer Gerippe. Die Ausstellung, die Fontcuberta sowohl in Kunst- wie auch in Naturkundemuseen gezeigt hat, enthält sogar Skizzenbücher des imaginären Forschers. Die perfekte Fälschung, hinter die selbst kritische Beobachter erst allmählich kommen. In dieser ersten "science friction"-Arbeit hat Fontcuberta die Schimären von einem Präparator real zusammenstellen lassen. Insofern sind die Fotos "echt". Als jedoch die Wissenschaft sein Projekt einholte, nämlich ein menschliches Ohr auf einer Maus wachsen ließ, wandte er sich ganz der virtuellen Fotomontage zu.

Im Projekt "Sputnik" spürt er der Biografie des Kosmonauten "Iwan Schtotschnikow" nach. In Heldenfotos sowjetischer Kosmonauten montierte er jeweils sein eigenes Gesicht, ließ eine Sojus-Kapsel "nachbauen" und brachte dies in einer Ausstellung über sowjetische Raumfahrt zusammen. Noch "wirklicher" ist hier die Fiktion, so "wirklich", dass es bei der Ausstellung in Barcelona zu diplomatischen Verwicklungen mit der russischen Botschaft kam.

Was Fontcuberta mit diesen artifiziellen Wirklichkeiten erreichen will, ist nicht nur ein Hinterfragen des Realitätsbegriffs selbst, sondern vor allem eine Demontage seines Herrschaftsanspruchs. Denn mit der Behauptung eines Fotos, Wirkliches zu zeigen, wird Macht ausgeübt. Ein Sieg der Kunst über die Wissenschaft, die "die Wahrheit für sich gepachtet hat". Und mit diesem Konzept ist Fontcuberta längst nicht am Ende. Als im letzten Jahr in Spanien Eis vom Himmel regnete, eine unglaubliche meteorologische Kapriole, drehte er den Spieß der "Realitätsfriktion" um und behauptete, das sei eines seiner Projekte gewesen. Auch das glaubten ihm viele.

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ist mir nahe mit dem teil.fiktionalen di.gi.arium. teil.fiktional heißt: ich will gar nicht entscheiden, was ich "wirklich" erlebt habe und was ich mir im sinne eines möglichkeits.sinns (musil: mann.ohne.eigenschaften) dazu fantasiere. dass dieser unterschied im zeit.alter virtualisierter medien irgendwie vollkommen obsolet geworden ist. der ganze schwanz von identitäten, die man einnehmen kann oder chamäleon.haft wechselt. selber die schimäre und centauer. die sex.montagen des i.v., der köpfe ihm bekannter frauen auf porno.körper montiert und dann fest.stellt, dass diese photo.shop.schimären als wichs.vorlage nur bedingt taugen (und auch dafür nicht eigentlich montiert wurden, sondern für irgendwas anderes obsessives, eine VOR.STELLUNG, die im KOPF stattfindet und nicht mit der hand an der eichel).

fontcuberta berichtet seltsame anekdoten. bei einer ausstellung von "fauna" in new.york haben tatsächlich tier.schützer angerufen und gefragt, ob für die gerippe.präparate der centauren tiere mutwillig getötet wurden. völlig strange. aber ein lehr.stück über reality.friction. noch ein projekt von fontcuberta, das in der rezension keinen platz mehr fand: in einem französischen natur.park, in dem man viele fossilien findet, hat fontcuberta gefakte fossilien seiner fabel.wesen in den stein gehauen und darauf mit copies der nationalpark.hinweis.tafeln hingewiesen. das gab einen riesen.ärger. man sprach von irre.führung. dabei wird hier die irre.führung von objektivitäts.anspruch entlarvt. denke mir, dass die beste wissenschafts.kritik durch kunst geschieht, so wie wir es damals in der flug.schrift "natur.wissenschaft als herrschaft" bereits dachten. fontcuberta zitiert paul valery: theorie enthält immer biografisches des theorie.formulierers. das ist mir auch total sympathisch. und löst hier, im di.gi.arium, den diskurs, ob jetzt hier analysiert werde oder nicht, auf beste weise. das di.gi.arium ist (in weiten strecken) ein theoretischer diskurs über meine obsessionen. und für diese "theorie" muss ich mich in keiner weise objektiv über mich erheben. sie funktioniert im gegenteil nur als totales subjekt, das sich schreibend objektiviert. vice versa natürlich.

das muss alles noch weiter auf die spitze getrieben werden. fotos aus dem big.brother.haus besorgen und mein gesicht da rein montieren. sputnik.reflex. das wird jetzt einfach nach.gemacht. oder berühmte fotos. das von dem süd.vietnamesen, der einen vietcong auf der straße erschießt. meinen kopf da rein montieren. bild.1: auf den leib des schießers. bild.2: auf den leib des erschossenen. das wäre erstmal platte copy von fontcubertas ansatz. aber vielleicht kann man das weiterentwickeln. oder die porno.schimären ad absurdum führen, indem ich paarungs.fotos nehme und meinen kopf auf den leib des fickers montiere.

muss überlegt und dann durchgeführt werden.

und FONT.CUBES machen. zeichen.würfel. magische quadrate oder so. einfach nur, um den entdeckten begriff mit material zu füllen.

tausend pläne wieder.

und weiter in die nacht.



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