HYPErLYNX.di.gi.arium 00.07.22

in schleswig, um (für kn) morton feldmans 2. streich.quartett zu hören. 5.5 stunden der reine, ungetrübte und daher eindeutig gute wahn.sinn. notiere zwei.fach, einmal für besprechung, dann den ungefilterten stream.of.consciousness, der sich einstellt. remix aus beidem jetzt hier.

--- snip on for kn! ---

Schrei der Stille

Wenn man die Augen schließt, hört man ein Akkordeon oder eine Oboe, ein Horn. Doch öffnet man sie wieder, spielt da einfach "nur" das Pellegrini-Quartett. Die Phantom-Instrumente entstehen aus den Obertönen flirrender Flageoletts, die Morton Feldman in den permutierten Patterns seines 2. Streichquartetts mit der Sensibilität eines hyper-empfindlichen Seismografen festgehalten hat. Fünf Stunden non stop braucht er dazu, ein Extremwert, den das Pellegrini-Quartett noch um 20 Minuten überbietet. Endlos gereihte Loops, die Polyphonie und teilweise sogar Rhythmus auf das Minimum reduzieren - Langeweile ist dafür kein Ausdruck. Denn die meldet sich beim Zuhörer allenfalls als Indikator für das Nachlassen seiner Kondition, irgendwann in der vierten Stunde. Weniger Minimalmarathon-Erprobten geht schon nach einer halben Stunde die Puste aus. So hat sich das zahlreiche Publikum am Ende zwar halbiert. Doch wer blieb erlebte Einzigartiges.

"Wiederholung ist das elementarste Mittel der Vergegenwärtigung", sagt Feldman. Sein Streichquartett ist in diesem Sinne Musik, die man als elementaren Urknall erfährt. Nicht nur die Zeit wird bei solch radikalem Ostinato zur Singularität, in der Zukunft und Vergangenheit zur ewig währenden Gegenwart zusammenschnurren. Auch Parameter wie Klangfarbe und Dynamik komprimiert sein abstrakter Impressionismus so, dass die Gegensätze verschmelzen. Im "Pianissinissimo" wird die Stille zum Schrei und lange Weile schlägt um ins atemlose Stakkato transzendenter Grenzerfahrungen. Ein Marathon, den nicht nur das Pellegrini-Quartett mit Bravour besteht, sondern auch ein feinfühliges und geduldiges Publikum, das mit erfrischtem Applaus für diese seelische Leibesübung dankt.

--- snip off! ---

start @ 19:05. der shock.zustand der stille. körperlich unerträglich ist die stille, geformt nur von den sägen des flageoletts. jede fiber, jede drüse zettelt plötzlich ein schnell.atmiges fieber an. warum das gerade jetzt? verzweifelte räusper und harn.drang gegen die stille. ausnahme.zustand. warum macht dieses gehen an den und auf dem rand plötzlich so mund.winkel.herunter.gezogen traurig? die musik geht an die nerven, nicht auf die nerven. 19:20: atem der echos, sphärisch (kepler!) entrückt wie ein märchen. 19:35: die jetzt schon gehen, weil sie die roaring geformte stille nicht aushalten, das sind die verirrten im falschen film und rette.sich.wer.könner. keine spur von lange.weile in der musik. es geht mir immer noch alles viel zu schnell. ich bin eben noch nicht ruhig gestellt, deswegen wohl auch die kaldaunen.konvulsionen, die sich wie fette ritter dem rüst.zeug der ruhe und entschleunigung entgegen stellen. keine lange.weile jetzt, nur kürze. und die ist unfassbar schön. anwandlungen von hypnose. aber solange ich noch immer wieder für this.is.a.recording aufwache, solange der stift errigiert, ist es wieder flucht vor dieser hypnose back to psychose. 19:47: empfange plötzlich gedanken, die nicht in meinem kopf entstanden sind. ein satz spricht, der heißt: "würd' mich freuen, wenn ER sich an mich verwies'." und kann in mich hören, je leiser das ppp wird. höre entsetzlich laut meinen ATEM. werde viel bier trinken und eine frau vögeln, werde die vögel frei'n, die hier gerade in den flageolett.nestern schlüpfen. reiche ernte nach dem platz.regen. eine halbe stunde, so empfange ich von rechts vorne, ca. 18 (hat sich die schuhe ausgezogen und gymnastet nun die nackten zehen), würde das noch auszuhalten sein, aber nicht noch 4. also JETZT SOFORT aufstehen (die füße spannen sich dazu wie flitze.bogen, lange bevor der abgeschossen wird). was lohnt noch die geduld, wenn absehbar doch nicht durchzuhalten ist? und schon damit hat m.f. gewonnen: plötzlich machen sich selbst ungeduldige gedanken über ZEIT und dauer. 20:05 stellt sich doch ruhe ein, eine aufmerksame schläfrigkeit, in der der intuitive anteil der wahrnehmung exponenziell wächst. die leute, die aufstehen (was explizit erlaubt wurde) und herum gehen, meinen, sie gehören nicht mehr sitzend auch nicht mehr dazu. deshalb denken sie, man könne sie nicht hören. dabei sind sie doch noch teil des raums, in dem das hier klingt, und also hört man ihren vorsichtigen schritt. und die schönen jungen frauen. 20:22: glissandi wie blaue schrift auf rotem grund, als wir in einander eindringen. das sanfte pulsen des bogens wie das der körper.ausschnitte im fenster.dekolleté neulich. dass musik also gar keine kunst ist, kein künstliches, sondern KLANG AUS KÖRPERN, der sich dieser entledigt und dadurch transzendent wird. dass der körper vom leib kommt und daraus genommen. (m.f.: musik sei keine kunst, sondern eine musik.form.) 20:46: im programm.heft steht: "wichtiges mittel zur überwindung des sprach.charakters der musik ist bei feldman die unablässige [er ließ nicht ab von ihr im fenster] wiederholung, die jegliche an der sprache orientierte syntax zerstört." dieser satz macht mich wie irr wieder wach, weil ich den konnex zum di.gi.arium blitz.lichte. dessen eigentlicher sinn, so sende ich in den gedanken.pool, sei nämlich auch die ZERSTÖRUNG DER SYNTAX durch das dokument.doc aus lebendigem, das NATUR.GEMÄSS keiner syntax gehorcht (schon gar nicht der pseudo.entschlüsselten irgendwelcher so genannter gene). musik gehorcht dem lebendigen eher als der im lebendigen klang gar nicht vorhandenen syntax. destruktion der sätze: m.f.'s quartett hat keine sätze mehr. dessen länge, 5 stunden. ebenso, so dachte ich und sprach, bedarf es offenbar auch des länglichen feld.versuchs des di.gi.ariums, um dem TEXT die syntax des erzählens auszutreiben. m.f. sagt (laut programm.heft): "vorher waren meine stücke wie objekte, jetzt sind sie wie sich entwickelnde dinge." ich übersetze für und ins di.gi.arium: vor dem di.gi.arium waren meine texte objekte, das di.gi.arium aber ist der sich entwickelnde text, der nur ist in seiner entwicklung, der also tot ist, sobald ich ihn speichere und nicht mehr tippe. 21:05: traum.bild.pattern im dämmer nach intellektueller begeisterungs.phase wieder traurig: eine tür wird auf gerissen und wasser stürzt herein. und wenig später ein husten hernieder von weit her unten, dort wo es schwarz ist uund der schmerz. 21:40: das schlaf.bedürfnis wird hemmungs.loser. lehne imaginär meinen kopf an die schulter der auch schreibenden kollegin neben mir, die zwischen den flageoletts manchmal pianissima aufstöhnt. hemmungs.loser auch die dämmer.fantasien von den körpern in der gegenwart der klang.körper. alles wird unbedingter, weniger diskursiv. 21:47: die frau hatte etwas in ihrem schuh. da ich davon soeben geträumt hätte (dass ich dies etwas sei, das sich reibt an ihrem spann), sagte die frau, müsse dieses DING in ihrem schuh, wovon sie nichts wisse außer der heftigen gewissheit, dass ich davon GETRÄUMT hätte, etwas GANZ BESONDERES sein. 22:12: oder wie gefangene in einem vergoldeten aufzug, der stecken.geblieben, wissend, die monteure kommen. nur: weil wochen.ende ist, haben die gesagt, brauchen sie, tschuldigung, ein klein wenig länger. dann und dann seien sie aber da. nicht mal mehr 2 stunden. zum warten eigentlich zu lang, aber zu kurz, um mehr als die über.reste der stille noch kennen zu lernen. also warten alle stumm und gelähmt, auf.geweckt hinein in das gegen.seitige, dialogische schweigen, WEIL BERUHIGENDER KLANG AUS DEM LAUTSPRECHER der not.ruf.anlage kommt. also müsse SIE nicht sprechen von ihren aufkeimenden bedürfnissen. 23:00: kurz draußen, die blase an einen efeu geheftet. das takt.maß einer zigarette. zeit nicht mehr vorhanden, gegenwart ist ohnehin alles. dass draußen gar keine stille ist, schon weil der mond steht und brüllt, er wolle jetzt kommen. nur wieder hier drinnen ist die klang.bekleidete stille, im raum der patterns. jede bewegung beim rück.marsch angwurzelt im noli.me.tangere (der frauen) der klänge, die atmen wie man inzwischen selbst als extremophiler organismus irgendeines nicht mehr notwendigen grenz.übertritts. wann erfolgte der eigentlich, jenseits der inneren un.ruhe, der bestürzung, dass es jenseits von HIER auf keinen fall noch irgendwie weiter.gehen könne? trauer. wissend, ich werde und will SCHNARCHEN und MICH WÄLZEN in einem diesseits.pfuhl, der jenseits geworden ist, also nicht hier, also nicht jetzt, ein vergessener. 5 stunden letzte regung. 5 stunden heutige häutung. 23:55: man schläft eigentlich nur ein, wenn man sehr wachsam ist (auf den kommenden traum von den ...). während zerstreutheit, ungeduld alarm.mäßig wach machen. wir aber woltten endlich schlafen und also nie mehr wach sein und also wachsam vor dem wieder.eintritt des schlafs in diese atmosphäre. 0:17: keine gift.marke bezeichnet den weg. dämmer.traum.wort rechnet aus: das waren knapp 20.000 herz.schläge. finis @ 0:27: der groove der seele, die manchmal an weiblichen fersen.gang sich heftete, recordet bereits hinein in die erinnerung.


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