HYPErLYNX.di.gi.arium 00.07.24

6 stunden hype & hott über die kopf.stein.pflaster von mecklenburg.vorpommern. auto.fahrt zum und vom feierabend.heim, in dem die groß.eltern plan.mäßig und termin.gerecht besucht werden. die groß.eltern sind SEHR ALT (91 und 84), während die eltern alt sind (66 und fast 65) und ich ziemlich alt (36) bin. die oma weiß, so zeigt das psychogramm eines sach.verständigen, nicht mehr, wie alt sie ist. sie gibt daher zu protokoll, sie sei schätzungsweise 18. da sie nicht aussieht wie 18, sondern eher wie über 80, glaubt ihr das keiner und sie gilt als verwirrt. die oma scheint auch nicht mehr genau zu wissen, wer ich bin. es wird ihr erklärt: das ist doch dein enkel! die oma lächelt. sie lächelt jeden an, das hat sich bewährt, auch wenn sie nicht genau weiß, wer der oder die ist. eine basale geste und daher authentischer als das, was im protokoll des sachverständigen steht. der versteht nämlich nicht, dass die zeit, je länger sie ist, umso unbestimmbarer wird. die oma fühlt sich also villeicht gerade wie 18, gewissermaßen unfertig und unwohl. die zahl ist also nur ein symbol für: bin in einem alter, wo die dinge unklar sind und ich mir fremd. die oma kommt sich fremd vor ihr selbst gegenüber. also lächelt sie.

der opa weiß auch nicht mehr ganz genau, wie alt er ist. weit über 80, vielleicht sogar über 90, habe er geantwortet auf die gretchen.frage, so steht's im protokoll. für die diagnose von verwirrtheit reicht das nicht, da es ungefähr stimmt. der opa sagt mir: "ich bin ja jetzt SEHR ALT." das stellt er fest. es trifft zu. der opa kennt auch noch meinen namen und fakten aus meinem leben, wonach er fragt, ob sie noch zutreffen. weil er nämlich weiß, dass solche fakten schnell veralten und dann nicht mehr stimmen. man brüllt ihn an, denn er ist schwer.hörig, dass sie so in etwa nur noch zuträfen. die eltern meinen, man solle lieber sagen, sie stimmen, dann sei er zufrieden. details verstehe er ohnehin nicht mehr. aber irgendwie interessieren den opa genau diese details. mit einer weg.werfenden geste zu den eltern wendet er sich mir erneut zu und flüstert mir die frage ins ohr. er hat also eigensinnige list entwickelt gegen den pflege.terror. der opa teilt mit, dass er es schon ganz gut fände, er würde jetzt so allmählich mal sterben. schließlich sei er sehr alt. also älter als alt. die oma lächelt, als er das sagt. dies lächeln sieht wie ein geheimes einverständnis der beiden sehr alten aus, wie bestätigung eines geheimnisses, das nur sie kennen und somit teilen.

die oma und der opa können sich kaum noch bewegen. meistens liegen sie auf dem bett herum, sagt die oma, als ich sie frage, was sie so den tag über machen. das AUFSTEHEN werde immer mühseliger, weil man sehr alt sei. diese mitteilung wirkt wie ein flehen um verständnis für etwas UNVORSTELLBARES, von dem sie wissen, dass es eigentlich nicht zu verstehen ist. der weg vom bett zum tisch oder zum klo wird zu einer kleinen expedition, zu einer reise in die antarktis. ein aufbruch ins ehemalige leben vom biwak, das demnächst sterbe.bett heißen wird. die mienen der beiden zeigen anstrengung, wenn sie mit großem willen versuchen, sich auf so etwas ehemaliges wie besuch einzustellen, sich erinnernd an den ganzen kladderadatsch von höflichkeiten, die man - wie war das noch? - äh, ja, machen muss. wenn sie wieder zurück sinken, sagend, sie müssten sich mal kurz hinlegen, weicht die anstrengung aus ihren gesichtern und die ähneln dann sehr den beglückt.entrückten von vollständig bekifften. auf mich wirken sie nicht verwirrt, sondern wie in einer anderen welt, die zeit.los geworden ist, ein großes kontinuum, das nur noch schwach gewellt wird von stein.zeitlichen rhythmen von mahlzeiten und zu.bett.gehen, das seinen sinn dadurch verliert, dass sie gar nicht aufgestanden sind.

ihr so genanntes leben ist geronnen zu einem nicht mehr aufräumbaren archiv von erinnerung, das sie unangetastet lassen, weil es sich allein in folge seiner masse nicht mehr ordnen lässt. die oma und der opa wirken wie welche, die darüber sehr erstaunen, dass wir, die aliens aus der welt von DAMALS, diesen ganzen müll mit aufstehen und leben und sich dann wieder für den kleinen tod zwischendurch (der risiko.los ist, weil wir ja sehr sicher damit rechnen können, auch wieder aufzuwachen) hinlegen noch mitmachen. insofern sind sie wie WEISE. oder wie SCHAMANEN.

ich denke: sie haben den zustand erreicht, den ich durch TEXT fortwährend zu induzieren versuche, das verschwinden. verschwundene, die mir müde zuwinken, als ich schon zum abschied an der tür stehe. und ich habe den eindruck, ich sei der einzige, der sie verstanden und also jetzt und hier von ihnen, den sehr alten, nochmal ganz viel gelernt hat.

der vater (66) sagt auf dem flur: hoffentlich bleibt uns das erspart. er plädiert also für tod vor dem erreichen dieses zustands des verschwindens, das nur schmerzt, wenn man noch die alten maß.stäbe anlegt. ich aber freue mich darauf und hoffe dringend, ausreichend alt zu werden, um das noch zu ersterben.

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in der stadt in mecklenburg.vorpommern, wo das feierabend.heim steht mit den oma.opa.schamanen, ziehe ich aus dem automaten eine schachtel f6. ich weiß eigentlich, dass die total scheiße schmecken. und tatsächlich schmecken sie wieder total scheiße. also ins archiv der not.ration. aber hier lucky zu striken, fände ich anmaßend. hier muss es schon f6 sein.

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nach der reise noch in w.dorf im so genannten eltern.haus. da ich physik studiert habe, bin ich darin jetzt für die installation eines fern.sehers zuständig. die eltern (66 und fast 65) nehmen nämlich an, dass fernseh.geräte etwas mit physik zu tun haben. vorderhand stimmt das ja auch. also mache ich die installation. in w.dorf stinkt es nach scheiße von mast.tieren. dieser geruch kristallisiert sich in meinem darm, so dass ich bei rück.kehr aus w.dorf in die stadt.wohnung jedes mal gewisser.maßen rituell scheißen muss. das ist dann immer eine unerwartet fette wurst. die scheiße MUSS RAUS! nachher erleichtert.


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