HYPErLYNX.di.gi.arium 00.08.03

als das korn sich gerade schön machte für den bräutigam mit der sense, legtest du dich hin, tratst vor dessen thron hiermit. nicht mehr genug zeit und zu dürres licht für die letzten druck.platten, die dein opus.magnum über die nacht.welt hinaus aufbewahren sollten. und du spürtest, wie die zeit hin.rann und zu wenig wurde. deine augen.linse hatte über die letzten jahre einen veritablen grauen star entwickelt. das war die ordnung der sterne am ende, die sich deinem fugato entgegen stellte mit einer ungeziemlichen frech.heit. mitten in der arbeit, den leib end.gültig zu überflügeln, senkte der seinen schatten auf dich und ließ nur noch sein ende gelten.

matt habe ich deine musik besungen, die jetzt gerade wieder konjunktur hat, und mir so ein brot gibt. du zähltest die taler, die für den drucker nicht reichen wollten. ich verdiene sie jetzt. man druckt mich. ich rede von kosmos, wenn ich von deiner musik schreibe, und in ähnlichen superlativen, doch wissend, dass sie für dich die kunst war, die normal ist, die sich fügt aus den gesetzmäßigkeiten, denen man nur folgen muss. total alt.modisch de.de.konstruktivistisch.

du warst schon vergessen, ehe dich der zimmerer mit holz neu einkleidete und der gräber.fritze mit warmer erde beschüttete wie das wasser in den kübel. fast hundert jahre hat man dich auf die menarchivarische anklage.bank der allerdings ausnehmend schönen clavier.fräuleins gesetzt. dich, den hof.musicus und also perückten narren. du hast den aus dir machen lassen, hast nicht geklagt, sondern geschrieben. angeschrieben gegen den berg der projekte, der mit jeder zeile größer statt kleiner wurde, weil von jedem ton ein neuer quell entsprang, dem meer entgegen, das du von ferne branden hörtest in diesem letzten sommer und das bild vom "brandenden applaus" wahrscheinlich noch gar nicht kanntest. für jeden sonntag einen cantus, das machte dich schreib.wütend in jeder nacht unter der woche. wie deine feder flog, ausgerissen dem vogel, den schließlich die kralle des irdischen in eine letzte 10.tägige ohnmacht warf, bevor der herr stadt.physicus feststellte: ja, der mann ist tot.

die ersten töne, die ich aus dieser feder hörte, 229 jahre später, hatte ein synthesizer gespielt. sakrileg sagten damals jene, die darüber hinweg sahen, dass das letzte deiner werke nicht mal mehr für ein bestimmtes instrument geschrieben war. nur noch reiner text. selbst auf dynamische und tempo.angaben hattest du verzichtet. nur noten. das knarrende welt.achsen.gerüst des kontra.punkts, das all das geklimmper und geklinge nicht mehr braucht. schwindend deine seh.kraft und auch auf den ohren nicht mehr ganz beieinand', verschwandest du schließlich hinter den linien, leibern und hälsen der partitur.

und warst erst dort wirklich angekommen.

ich hörte das agnus.dei blöken und die fanfare des resurrexit so knattern wie das posaunen.mg des jüngsten gerichts. und habe ein ohr entwickelt mit den jahren für den passus.duriusculus, die chromatisch fallende quart, für die kreuz.figuren, für den motor der fuge, der das welt.gebäude nicht abbildet, sondern antreibt. für all das. und ich bin so gering wie du schienst, damals. und in mir ist nur jene ahnung und befürchtung auch, die das echo der inneren stimme monströs erscheinen lässt, rast.los bis zum verlöschen der augen und letztlich des leibes. damit nur noch geist sei.

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sonderbare begebenheit im text.universum: mail von gen.c., die reportiert von einer besonders rührenden zeile im di.gi.arium: "hör das trauerlied der endlos wacher, die im trümmerbett sich wacker regen. achte sie als melancholisch macher, die nicht achten ihre seelenschäden." im subject der mail steht "trauerlied der endlos wacher". ich denke: oh, klasse, guter vers vom gen.c., und lese erst in der mail, dass es sich um meinen eigenen handelt. wie also der text sich so sehr von mir emanzipiert hat, dass ich ihn gar nicht mehr als eigenen erkenne. so soll es sein! neugierig geworden, wo und wie das geschrieben steht, durchsuche ich das gesamte di.gi.arium nach der STELLE, kann sie aber nicht finden. noch besser! nicht nur ich verschwinde hinter dem text, der text selbst verschwindet! nach drei.viertel.stunde suchen in bergen von typo.skripten, wo ich das geschrieben haben könnte, finde ich es endlich an gänzlich unerwartetem ort: gar nicht im di.gi.arium, sondern in der elegie.4 (mutter-mahl). hab' ich zu der mal irgendwo aus dem di.gi.arium gelinkt? lässt sich nicht ohne weiteres fest.stellen. und also sind text und geflecht zwischen den texten am leben, eigen.sinnig und nicht mehr fassbar. bingo!


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