archiv.05.2001
 

01.05.02.00:45:11
ögyr
tanz den mai

letzter tag des ersten drittels des ersten jahres. gegen 20.uhr. puppen.kamp. blick.richtung: BERG.AB. außen.temperatur: schwindel erregende 19.grad. aus diversen fenstern, die offen stehen, musik. tanz.in.den.mai. auf dem balkon ziemlich genau in der bild.mitte: party. jemand lässt den arm über die brüstung baumeln. heute ist, so heißt es, frühling. liebes.paare gehen erhitzt durch die straßen. man kann ihre liebe riechen. pulsierender ausstoß von pheromonen. paarungs.zeit. die musik aus den fenstern wird die ganze nacht nicht aufhören. als ich gegen 3 sehr betrunken und sehr bekifft auf den balkon trete, hört man sie immer noch. auf dem bürgersteig klacken die ersten high.heels des jahres. und man hört, wie sich welche paaren, weil die zeit danach ist.
kamera.schwenk um circa 119.grad. am bäcker.laden hängt schon seit wochen dieses plakat, das für die enorm gesunde und sportlich befreiende wirkung eines kraft.korn.brotes wirbt. dieses liebes.paar ist auf einem fahrrad unterwegs und zwar, wie die bewegungs.unschärfe im hintergrund andeutet, mit ganz ordentlicher geschwindigkeit. mit kraft.korn ganz schnell in den mai und sonstige flitter.wochen. im glas vor dem plakat spiegeln sich die fenster, aus denen die musik dringt. und wenn man genau hinsieht, sieht man, wie sich auch ich und die kamera darin spiegeln. zu den parties bin ich nicht eingeladen. ich tanz’ den mai im biwak im dritten stock. genug bier ist da. und ich trinke für zwei.
wo ich schon dabei bin, das zu fotografieren, was ich täglich sehe, schnell noch dies hier: FROSCH LIEBT WILDEN KERL GANZ VIEL. schwarzer stern und rotes herz. es mag ja bisschen nerven, dass ich immer von denselben sachen spreche, die ich nicht habe. aber: talking about love is talking about revolution. wer hier wen wach küsst (und vieles mehr), wem das morgen.rot am ersten mai anders scheinen wird als am tag vorher, als er es verschlief, ist hier noch unausgemacht. ich hingegen komme den ganzen tag nicht aus dem bett, nur zum pissen und zum wichsen. vom balkon aus streift der blick über die sonnige und offenbar glückliche nachbarschaft. BERG.AB ist steil. ich schaue runter, bis sich mir alles dreht. aber das kommt nur vom alkohol. der tag im dauer.sturz. der wilde kerl wohnt hier nicht mehr. die frösche sind noch im winter.schlaf. und der teich steht still und schweigend, nur paar enten drauf, die nicht ins nest finden.


01.05.12.01:21:52
ögyr
frieda.the.cat.1.0

wie du den baum hoch gingst, an dem ich später zur erfrischung der erinnerung daran mit meinen abgebissenen nägeln kratzte. wie du mich ansahst aus deinen sowieso unerforschlichen augen. und wie ich mit dir sprach, annehmend, du könntest mich verstehen wie dr.dolittle, der zu den tieren spricht. wie ich dich streichelte später, zwischen den schenkeln und stühlen, durch die du mit jenem stolz strichst. und wie du dich weg.bücktest, deinen kleinen, schlanken leib entzogst der besitz.ergreifenden hand. und ich verstand, wie du sagtest, mit deinen augen: so nicht, mein lieber, der du mir nicht lieb, sondern auf meinem fell die berührung bist, die widerlich ist. deine schönen krallen, die vernichtung verheißen und es doch nicht tun, nur in meiner vorstellung. wie man sich die augen auskratzt.

wie wiederum du auf dem barhocker saßest. deine augen, die mich kurz fixierten, der deinen blick noch im augenblicklichen weg.sehen (auf den ascher, in den ich gerade meine asche abstriff) spürte. ein schauer. ein prozess unbedingter ängstlichkeit. schämte ich mich für die blicke, die ich sandte, hinaus in diesen durchaus als laue frühlings.nacht zu benennenden abend? für die blicke, die ich voller vorsicht dir zuwandte, besoffen gleich wieder von deiner schönheit, trunken von diesem ganzen unwirklich.wirklichen so genannten leben. ich sah deine brust, ich sah deine augen, ich sah deinen leib, wie er sich bog, wie er sprach in der sprache, die nur versteht, wer mit den tieren sprechen kann, die aber auch versteht, wer dich, so voller sehnsucht plötzlich wieder, begehrt.

ich fragte in die runde, woher eigentlich diese erb.feindschaft zwischen katzen und hunden komme. ich hatte die bull.dogge in meinem herzen und drahtige dalmatiner schlugen da nicht mehr. es wurde erklärt, dass es eine inkompatibilität gebe zwischen dem treu.doofen blick des hundes in die augen und dem der katzen, die solche fixierung als feindlichen akt begriffen. ich dachte das wort gewalt. das hattest du gefaucht, als klar wurde, dass meine hände, die dich nicht berühren durften, aus worten bestanden und dich dennoch berührten. das verbot, das das fell der katze mit sträubung signalisiert.

in deinen armen, so hatte ich angenommen, müsse wohl die seligkeit liegen. aber nicht ich. also ich als seliger. der prozess der erlösung, der aber nicht einfach statt.fand, sondern den ich paar stunden zuvor wortreich herbei.geredet hatte. ich hatte all das um 2.uhr.20 in den brief.kasten geworfen, sozusagen unwiderruflich. um 2.uhr.20 hatte sich die titanic kurz vor dem sinken noch einmal steil aufgerichtet. ich sah dich an und versank, mich noch einmal kurz steil aufrichtend. was wie entspannte reckung aussah, war der wunsch meiner hände nach dir. die hände schrieben nur, aber dennoch hatten sie wünsche.

dass eben du und genau du der inhalt meiner träume bist, das sage ich dir besser nicht. denn ich bin nicht dr.dolittle. i am the man in black. i am the country.rose. meine stacheln überdecken meine blüten. mir wurde rot vor augen. denn ich sah dich. und in meiner verstohlenheit kam ich mir vor wie der baum, in den frieda.the.cat ihre krallen schlug, mich so seltsam ansehend. so feindlich und dennoch so fern und unberührt. wen vermögest du denn zu hassen in der engel unordnungen? das ist rilke, sagte ich, bisschen abgeändert. du hattest dich verändert in den zwei dutzend wochen. und ich dachte: zu deinem noch besseren.

nun gut. ich schwärmte. meine flügel gingen, als könnten sie flug.bewegungen machen. die flucht der katze, sehr schnell, hinaus ins dunkle. zu dir, wo sie berichtete von der hand, meiner, die sie unsittlich berührt hatte. und ihr beide schmiedetet den skandal, der daraus zu machen sein würde.

allein. der berührt mich nicht mehr. ich redete für mich von reizen, von der dunkelheit und von kratz.bäumen. mein stachliges sein ging in die klausur des traumes von dir. aber meine hände. und wie die gingen. wie langstreckenläufer in dieser nacht, rekord.verdächtig.


01.05.14.00:28:06
ögyr
frieda.the.cat.2.0

aufgeschnappt: „mein scham.haar ist dichter als das fell einer angora.katze“. die ewige feindschaft zwischen hunden und katzen. aufgeschnappt: „DU RIECHST NACH ASCHE.“ aufgeschnappt: „du bist wie ein see, der gerade umkippt.“ ich schnappe nach luft. ich gehe auf den dielen des neuen büros hin und her. es ist freitag.nachmittag und ich bin traurig. was man so über mich sagt, die asche, den umkippenden see. bin ich eine pest? nachts hatten im hof die katzen kopuliert. sie hatten dabei so erbärmlich geschrien: „ich will knallen!“ so klang das. und du durftest das über den hof hinaus singen. ich saß im theater, hatte die beine übereinander geschlagen, darauf der notiz.block. die frau neben mir, die bisschen wie frieda.the.cat aussah, so streng, so eigen.willig, flüsterte ihrem nachbarn auf der anderen seite zu: „der typ neben mir stinkt wie ’n hund.“ echt wahr, sie sagte genau das. in der pause roch ich mich auf dem klo. es stank von unten herauf nach umgekipptem see. katzen stinken nie, sie lecken sich. nur hunde riechen so aus dem maul, so faul, so verwesend bei lebendigem leibe.

„das ist wie wenn ganz und gar nicht dicht ist meine dichtung.“

von den nackten füßen der frieda.frau roch es nach schöner frau zu mir her. ich wurde fast ohnmächtig vor verlockung. später, nochmal zurück im büro, hatte ich die inneren sohlen der schuhe, die nach ammoniak stanken, mit irgend.einem pour.homme.parfüm besprüht, das im büro.klo von irgendwem rum.stand. der ammoniak wurde davon überdeckt. aber jetzt stank es wie parfüm.laden. nach den rot gepinselten nägeln der veräuferinnen.ladies dort, die mich einfach ignorierten, als ich da neulich mal drin war, in deren laden, weil ich hübsche frauen gucken wollte.

„du bist viel zu schön und obszön.“

die katze geht mit ihren krallen den baum hinauf. meine rinde, die bemoost ist. das feder.bett unter ihren tatzen bin ich selbst. ich bin verzicht und tote verholzung. ich bin der see, der im natur.schutz.bericht als problem.fall ausgewiesen ist. in mir schwammen nur tote fische, den weißen bauch nach oben. und die algen.pest wucherte in mir, atemlos nach oben und nach sauerstoff strebend.

und die oberfläche kräuselt schon der falten.wurf des alters. die ersten grauen haare. die erste herz.attacke mitten in der nacht. oha, das war knapp. und auf meinem telefon habe ich schon mal sicherheits.halber die sos.taste mit 112 belegt.

was meine krankheit ist, ist frieda.the.cats lebens.freude, ihr zucken, wenn ich sie berühre. das weiche gescheckte fell, das die schöpfung und eine willkürliche vermehrung auf jeden fall nicht für mich erfunden haben. für alles, sehr gern, aber auf gar keinen fall für mich.

ich sah die muskeln, die um dich warben. ich sah dein lächeln, das über diese männlichkeit floss wie das wachs der kerzen, die ihr ganze nächte abbranntet, nicht findend aus den betten und den ritzen.

der tag kam mit der not.durft. ich roch an meinen resten herum. ja, es war eher schlimm, der schimmel an mir, der prall gefüllte müll.eimer, der ich bin, ein akten.schrank voller sperr.müll, ein gefallenes blatt, das erst im frühling fällt, weil es die nach.wachsende knospe verdrängt. in den straßen.cafés teasten die mädchen mit allem, was an ihnen gewachsen war. und wie ich in mein grab hinein wuchs, über das die wilden fried.hofs.katzen streunten, suchend nach vermehrungs.partnern, stand die gruft zeilen.hoch in meine ruinen hinein wie ein sehr steiler raub.tier.zahn.

noch nachts, ich stand auf dem balkon und rauchte, überschlugen sich die paarungs.geräusche aus den wohnungen, die dieselben neben.kosten.abrechnungen bekommen wie ich.

und ich stand da, gedachte der katze, strich mein brust.fell und war in allem ein verlorener.


01.05.14.00:46:49
ögyr
frieda.the.cat.2.1

während dessen:

hatten sich die lippen im vers.maß der balladen bewegt. ein bisschen wie eine rosen.blüte, deren öffnen und schließen in so einem zeit.raffer.film gezeigt wird. wie man da oben die wolken immer so vorbei.hasten sieht, so trick.film.mäßig hatten diese irre.tollen balladen geklungen, wie sie die lippen bewegten und auf und zu machten. was ist ein gedicht? frage oder antwort? ende oder anfang? und welches der beiden fällt einem gedicht.schreiber zuerst ein? anfang oder ende? wie klettert die katze den baum wieder herunter? keinesfalls rückwärts. nein, sie dreht sich um und läuft dann den stamm steil bergab. mit deiner hand den stamm rauf und runter. und wieder rauf und runter. ich kratzte am stamm wie die katze und konnte sie noch riechen. sie hatte ihr gebiet vorsichtig markiert.

meine gedichte beschränkten sich auf die beschriftungen zu den pink.pixies, die ich im foto.shop montierte. was klingt besonders wie anmache? und ob etwa das wort GIRLIE von sich aus schon einen erotischen klang habe. darüber dachte ich nach, entschied mich dann für eine variante und klickte „save“.

und wie die leiber gingen mit den muskeln der balladen. die stimme klang beim rezitieren so schön, dass ich plötzlich ein synästhetisches erlebnis hatte. ich meinte, die stimme riechen und schmecken zu können. eine art fern.wirkung des speichels. oder pheromone, die mit den worten aus dem mund kamen, lock.stoffe, die man nicht riechen kann, die aber dennoch gerochen werden.

beim tanzen entwickelte sich schweiß. die luft.gitarren sollten wie tornado aussehen, sahen aber eher aus wie die tornados, also irgend so eine schlechte schlager.combo aus früheren, jetzt trashig.kultigen jahrzehnten.

ich fühlte mich plötzlich sehr diesseits. alle tanzten und ich tanzte auch. die leiber nach hinten gebogen wie flitze.bogen, dass sich der t.shirt.saum bis weit nach oben über dem nabel schob. der nabel hatte sowas nacktes, was verletzliches. wollte er geküsst werden? alles nackte, alles verletzliche möchte immer gern geküsst werden. die lippen so mambo.mäßig in die zuckenden knie gehend an den nabel heran führen und dann da drauf setzen. dass die wärme spürbar ist. die von den lippen und die von dem nabel.

um sowas oder ähnliches war es früher auf parties immer gegangen. man hatte sich den kopf zerbrochen, wie man sowas anstellt. aber natürlich immer nur rein theoretisch. hätte man das ernsthaft erwogen, hätte man nicht so gut drüber nachdenken und später träumen können. im traum war es einem dann so erschienen, als sei die wirklichkeit viel wirklicher gewesen als der gerade geträumte traum. natürlich stimmte das nicht, denn in wirklichkeit war ja nichts passiert, hatte man diesen nabel einfach nur wahrgenommen, das pixie abgespeichert. aber der eindruck beim erneuten laden des pixies war immer die erinnerung an dieses wirklichere wirklich als jetzt auf dem snap.shot gewesen. und genau deshalb war man immer wieder los gezogen, hatte sich immer wieder ausgezogen, um wie ein süchtiger immer mal wieder am nabel der wirklichkeit zu hängen.

der fette kater, der sich am kratzbaum der frauen wetzt. und reibt. daran nuckelt. oder wie so ein hund mit so genannten frühlings.gefühlen, der alles anspringt, was wie ein hingekehrter rücken aussieht. ey, wie arm!

von den vögeln, von denen man frieda.the.cat fernhalten musste, wurde berichtet, dass sie, obwohl gleichen geschlechts, balz.verhalten zeigten. offenbar so eine art gefängnis.koller.

als ich frieda übers fell strich, hatte ich unwillkürlich die worte GEFANGENER MEINER SELBST gedacht. mann, war das kitschig gewesen. aber es war mir sozusagen als anfang für ein gedicht eingefallen, von dem ich in dem moment annahm, es würde ganz gut werden.

also hatte ich wieder drauf los geschrieben.

bitte produzieren sie gleich hier etwas text. und legen sie ihn dann hier in die durch.reiche. danach nehmen sie bitte nochmal kurz im warte.zimmer platz. im warte.zimmer lagen lese.mappen. unter anderem die „praline“. darin war so ein bilder.witz gewesen. ein nacktes blondchen mit einer katze im arm beim „tier.doktor“, wie auf den zettel an der tür gezeichnet stand. das blondchen hatte riesige titten, hielt die katze dem doktor (mit hoch geklapptem hohl.spiegel) hin und sagte in der bild.unterschrift: „herr doktor, meine muschi juckt’s.“ danach war ich in mein notiz.buch gekommen.


01.05.22.16:22:47
ögyr
frieda.the.cat.3.0

zarte stückchen, mit ... und mit life.care.garantie. das kätzchen zeigte die krallen und wollte sich auf keinen fall streicheln lassen. es war geil auf muskel.bildendes whiskas. auf der pretty.public.privacy.party hatten katzen.pin.ups an der wand gehangen. nur vom fell der scham bekleidete nackt.wesen, die einen eigen.sinn haben und einen missgünstig ansehen aus den großen NACHT.AUGEN. die zarten rosetten der tiere, an denen sie sich lecken. es war alles rosa gewesen für einen augenblick. und ich mitten drin darein. mit meiner sehnsucht.
ich hatte wie wild getanzt und zugesehen, wie sich die haut über den skeletten von frauen.füßen spannt. ein wenig faltig, dennoch wie ein flitze.bogen. das war mir im kopf gewesen. und eine scham für solche gedanken.

dann war mir plötzlich was ganz anderes eingefallen. während ich tanzte, dachte ich darüber nach, dass die dialektik meines seins von den dioskuren VER.DINGLICHUNG/ENT.DINGLICHUNG geprägt war. in den theorie.papieren, die mir genossen in mein kleines leben rein gereicht hatten, wurde wortreich entwickelt, dass marx die verdinglichung der arbeit in ihrem lohn.zusammenhang kritisiert hatte. dass aber gleichzeitig diese verdinglichung der zutiefst menschlichen (weil mit seinem sein verbundenen) kategorie arbeit auch die entdinglichung bedeute. in dem sinne, dass die reduktion der arbeit, jener universellen kategorie des sich mit welt in beziehung setzens, auf ein abstraktum, wie es das kapital und seine verwertungsgesetze sind, eine entdinglichung bedeute. da hatte ich losgedacht. an dieser dialektik herum und um diese herum. im tanzen und beobachten von frauen.füßen (der mit bemalten nägeln stets ebenso anziehend wie widerständig krallenhaften tatzen der antastbarkeit) war mir klar geworden, dass ich mich genau in diesem spannungs.feld bewegt hatte. verdinglichung war mein faible für körper, für ihren geruch, für ihre antastbarkeit, für ihre selektion an der rampe. verdinglichung war auch mein kritik.kriterium an den herrschenden verhältnissen, mich als herrschender mann eingeschlossen. verdinglichung waren die schimären, in denen ich das geliebte gesicht auf den begehrten körper montierte. verdinglichung war meine selbst.reduktion auf die überschaubaren modi des rausches, die berechenbare reaktion meines körpers auf die zufuhr bestimmter mengen psycho.troper substanzen.

entdinglichung dagegen (und dafür) war mein text.werken gegen all das an gewesen. ich hatte vermutet, dass der text, jenes abstraktum meiner ausflüsse und emanationen, sich entferne von der wirklichkeit. dass der text die flucht aus dem wirklichen wirklicher flirts und heimlich doch einverstandener küsse auf deinen schönen mund gewesen sei. ich hatte nicht geküsst, ich hatte getextet. ich war hinter dem text verschwunden. so war ich unwirklich und entdinglicht geworden. der text als mein hirte und kapital, das permanent sinn.mehrwert produziert und ihn entbeutet jener wirklichkeit, die ich mir ausmalte, aber nie wirklich hatte.

ich sah die frau an, die sich mir in den grenzen ihrer nachbarlichen fenster entblößte. sie zeigte mir ihren nackten körper, den ich durch die gläser der entfernung, die technische amplifikation des sichtbaren, erforschte. die schönheit dieses körpers erschien mir durch die entfernung noch mehr als begehrenswertes, als es die nähe, die ich zwar ersehnte, aber niemals hätte sein und leben können, verindinglicht hatte. ich war nah dran, indem ich entfernt war. die schönheit als etwas entferntes, unerreichbares und auch verbotenes wahrzunehmen, rückte mich ab, verdinglichte das, was mir als entdinglichung im text immer wie eine verheißung, errettung oder auch erlösung erschien. sehnsucht heißt ja nicht viel mehr, als dass man das sehen des geliebten wesens anvisiert, auch wenn das geliebte objekt durch eben jenes sehnen, das doch so sehr menschlich und nah an der erfüllung im sein ist, nie subjekt sein kann.

die katze, das kleine wesen, das in seiner eigensinnigkeit eine gewisse abständigkeit erzeugte, war mir das richtige bild für eben diese, meine, abständigkeit zum wirklichen ding, das ich entweder verdinglichen konnte (indem meine fantasie daran sich manifestierte) oder entdinglichen, indem ich im imaginierten fantasma noch eben jene wirklichkeit im text beschrieb, die mir die liebe in mein armes herz rein injiziert hatte.

in all dem war ich zärtlich. ich war furchtsam und schüchtern. mitten in meiner angst aber vor dem wirklichen einer wirklichen begegnung mit der anderen seele, die ich liebte, war dennoch dieser drang nach verdinglichter erfüllung in orgiastischem tun. ich wichste mir sozusagen nach dem fantasma die seele aus dem leib, weil diese seele dich wirklich liebte. nur so konnte sich meine seele an dir erfahren.

ja, ich war irr. ich züchtigte mich mit der freude, die ich an dir nie wirklich, also entdinglicht, hätte erfahren können. aber mein sein war voll von liebe, voller tief empfundener bestürzung über die schönheit deines leibes, der du nicht wirklich und ausschließlich bist.

denn du bist nicht die katze, die den baum kratzt. und du bist nicht meine vorstellung von dir. du bist kein ding. und dennoch kann ich mich nur als ding dir nähern. in meinen träumen bist du das ding, das ich besitzen darf. aber auch das ding, das jenseits des dings, jenseits meiner rampen.wahl, jenseits meiner eigenen wahrnehmung als bloßes ding, sein mir unbekanntes sein entfaltet.

nur als solches liebe ich dich. und das ist meine tragödie, von der du dich mit recht entfernt hältst.


01.05.23.03:06:49
ögyr
katzen.jammer

jetzt kommt der katzen.jammer. draußen die kühle milde luft, die nach margeriten.blüten und margharita.likör riecht. und nach another fick at the wall. innen der plötzlich irre schmerz. der verklemmte wirbel des rückgrats, das ich ohnehin nie hatte.

„i wanna be daylight in your eyes.“

wollte das licht sein und bin doch in der dunkelheit. war das licht und blieb selbst doch in der dunkelheit. die dunkelheit kehrt wieder. die dunkelheit der verlassenheit in der roten ein.mann.zelle, die nicht mal mehr rot aussieht, sondern nur noch ein staub ist, ein wind, der über das welke laub streicht. politik.in.kunst ist jetzt das selbst ausgerufene programm. amputiert von den wirklichen kämpfen und von den genossen, die nie meine genossen waren, bin ich jetzt ganz auf mich selbst gestellter krüppel.

aber die vielen worte in mir.

und die revolution, die auch mich befreien wird, einst, wird ohne mich stattfinden. aus irgendeinem rausch und inmitten des drecks meiner kleinen existenz.reste erwachend werde ich eines morgens verwundert sehen, dass die rote fahne auf dem rathaus weht. ich werde mich, noch blinzelnd und trunken nicht nur von schlaf, wundern über den auflauf unten auf der straße. menschen mit befreiten gesichtern, in denen die liebe flammt. nur in meinem spiegel werden immer noch die gitter sichtbar sein, die sich über meine falten strecken wie ein schatten. ich werde so um die 70 sein vielleicht. ich werde viel geschrieben haben, ich werde reich sein. mein abend hell erleuchtet von den zahlen meines kontos, vor denen ein dickes schwarzes plus steht wie ein kreuz. und also als memento mori. in gen.c.s traum die stilettos, die mir die hand durchbohren (und halten, wenn ich sterbe), die nie mehr zärtliches berührt hatte, seit ich 35 gewesen war. die hälfte der ewigkeit. ich werde kurz vorm tod sein, wenn das glück draußen auf der straße die kapitalen unglücks.bringer weg gefegt haben wird.

dann wird endlich das tribunal kommen. vor dem werde ich zitternd stehen (so wie einst vor dir), die schöne rot.haarige richterin des proletarischen volks.gerichts wird mich ernst ansehen. sie wird in akten wühlen und mir meine frechheiten und verbrechen vorhalten, die alle dokumentiert sind. (und die posaune wird schallen.) dicke akte schwungkunst.de. hast du das geschrieben? und ich werde sagen: ja, das habe ich geschrieben. doch weil nach der revolution gnade sein wird, werde ich davonkommen. die schöne richterin wird sagen, dass ich das nun mit mir selber abmachen müsse. und das wird die schlimmste strafe sein.

daylight in your eyes, but darkness reflecting mine.

auf dem müll.haufen der geschichte werden die liegen, die keine geschichte haben, die nur welche schrieben. meine kleinen geschichtchen von mäusen und menschen, die die katze frisst. ihre schnelle tatze, die mit mir spielt und ganz schnell schluss macht mit dem maulwurfs.dasein. eben noch grabend an den schönen hügeln werde ich nur noch blut sein. ein schwall, der von ihren betörend nassen reiß.zähnen tropft. aber immerhin dann endlich rot.rot.rot. und die fahne, die dieselbe farbe hat, wird wehen auf den dächern der gebäude, in denen ich gewesen war, immer ein verlorener.

i see it in your eyes ...


01.05.29.23:25:44
ögyr
lucky.luzifer

es wird schon wieder hell. es roch nach den blüten, als ich an dem park entlang dahin rad.fuhr, wo ich schreiben sollte. den text, der zu schreiben war, hatte ich noch nicht geschrieben, aber ich dachte schon an den text nach dem text. überhaupt dachte ich immerzu an das leben, das dem leben möglicherweise noch folgen würde.

das war anders.

ich schrieb während des konzerts off.topic in das notiz.buch, dazwischen trank ich bier, rauchte und sah schöne frauen an: ich weine grell und ich trinke, ich scheine hell und ich sinke. und die frau, die ich angesehen hatte, wie sie da saß als schönheit, als wollte sie meine suchenden blicke enttäuschen, schlang die arme um den hals des herz.liebsten.

er hatte zwei wein mit gebracht und lächelte wie ein held. „zwei arme voller holz“.

wenn ich viel trinke, werde ich immer so seltsam wach. in all dem rausch ist plötzlich eine klarheit. hier stehe ich, das aber ist das andere und das gebärdet sich so und so. ist doch alles völlig klar. noch zwei klare bitte. (einen alkoholiker hatte ich, als ich einen döner holte, sagen hören, als er zwei flach.männer bestellte und dann schwierigkeiten beim geld auf den tresen zählen hatte: schuldigung, bin schon nass.)

die gescheckte katze war mir zwischen den beinen durch gestrichen, das fell wie eine warnung, als ich pissen ging. sie war sehr zärtlich gestimmt und schaute mich aus ihren augen an, als kenne sie mich. ich streichelte sie. da lief sie weg.

ich vertraute auf die nacht, dass im dunklen auch meine sehnnsucht nicht mehr so licht erscheinen würde. ich war der sarkophag, glühend. die sonne auf meiner haut, die wie ein tatoo eingraviert jenen namen trug, den ich im winter aufs kondens der scheiben geschrieben hatte. mit dem nackten finger. es war nacht, ich blühte auf.

zurück in der zelle schrieb ich vom unbekannten des „suchens im finden“. ich titelte so. ich lieferte 80 zeilen ab und dachte doch, dass das, was ich eigentlich sagen wollte, eher poetisch zu sagen gewesen wäre. ich hatte indes keinen auftrag für poesie erhalten.

ich nahm an, dass es mit dem schreiben in etwa so wie mit dem malen sein müsse. beim malen ging es immer wieder darum, das licht einzufangen. schwierige sache. denn das licht ist durchsichtig. die farben aber auf der leinwand sind nicht durchsichtig. sie decken das licht der leinwand. das war das problem. dann hatte ich ein fahrrad geflickt.

ich hatte endlich mal wieder richtg gut geflickt.

ich wollte den frauen beim flicken zusehen.

ich würde dich jetzt gerne flicken, sagte ich.

wie ein stiller zuschauer. jemand, der licht machen will. oder irgendwie einfangen. im tv war ein schlechter film über van.gogh gekommen. kirk.douglas war van.gogh. das wirkte alles sehr kitschig. aber van.gogh hatte sich ein ohr abgeschnitten und hatte später mit einer pistole an sich rum.gemacht. das war eher überhaupt nicht kitschig gewesen. van.gogh hatte später immer wilder gemalt. ich dachte: beginn des expressionismus. den begriff kannte van.gogh noch nicht. ich schon. van.gogh hatte sich nicht mehr darum gekümmert, wie ein bild so in etwa aussehen müsse. er hatte gemalt. das selbst.bild mit der binde über dem ohr. das andere mit dem sonnen.hut, sehr ernst. die laterne vor der absinth.kneipe. glut.rot. licht.

ich wollte den malern beim licht malen zusehen.

ich überlegte, weil van.gogh schon tot war und daher nicht mehr malen konnte, ob ich nicht selber anfangen sollte bilder zu malen. die katze etwa, wie sie, als ich zum pissen ging, sich ziel.sicher an meine wade geschmiegt hatte. wie katzen tun. leider machte ich permanent selbst.bilder. nabel.schauen, wobei in der höhle des nabels sich abrieb von den anzieh.sachen darüber sammelte. die fusel pulte ich abends aus dem nabel und warf sie auf den boden zu den anderen. zu den fett.flecken vor den bild.schirmen. es regnete jetzt die ganze nacht. der horizont war nicht zu sehen. sonst sieht man auch nachts den horizont. aber nicht bei diesem regen.

nacht.sicht.gerät.

wie ein stiller zuschauer. das fahr.rad stand im gang. es ruhte. die geschichte davon, wie fahr.räder von verliebten aneinander lehnen und es sich heimlich nachts gegenseitig machen, genau in dem moment, wo es sich auch die verliebten ein bisschen heimlich, weil ihr glück noch ein „süßes geheimnis“ ist, machen. natürlich sind die pedale besonders erotisch. das gedicht namens „damen.sattel“. wie dessen leder womöglich riecht.

der tanz auf dem vulkanisierer.

es handelte sich um erste skizzen. wie in dem notiz.buch, wo man erstmal alles das rein.schreibt, was einem so einfällt. man nimmt sich vor, das später zu ordnen. die katze, das konzert, die kotze im schon länger nicht mehr gereinigten klo. das charisma von der und der frau, die sehr schön ist. ihre augen. die gitarren, die man mit zwei rock.n.roll.r schreibt und nicht mit teasing.doppel.t. überhaupt das ganze. das detail. die beobachtung. die einsicht. der von der bluse verschattete busen. dass sie keinen bh trägt. blues. der park, darin die lust.schreie, die doch die von träumenden gänse.vögeln sind. das surrende elektro.werk, fleißig. die digitalen bilder von dem waber.techno.act. die ein bisschen betrunkene frau, die mich gefragt hatte (sie sei neu in der stadt), wo es denn eine disco gebe, in der man „wie wild tanzen“ und „jemanden abschleppen“ könne. und wie ich sagte, da musst du in die berg.straße gehen. und dann ging sie in die berg.straße. ich blieb bei dem rest ihres bieres, das ich austrank, an jenem glas.rand trinkend, der nicht von ihrem lippen.stift, ein lichtes rot, beschmiert war. die zigaretten.kippe mit ihrem blut dran im ascher. der umgekippte see. der wall. die verzweifelten frauen dort. ihre schuhe. meine schuhe. der nebel. der regen, in den man hinaus tritt, befürchtend nass zu werden.

die frau hatte kastanien.farbene sehr kurze haare, ein kleines mutter.mal dort am hals, wo sonst knutsch.flecke sind, und an den nackten füßen schwarz.riemige pantoletten, die sehr nach ich.will.jemanden.aufreißen aussahen. aber ich war mit den skizzen beschäftigt gewesen. ich hatte ihr in meinem notiz.buch noch aufgemalt, wo, falls es in der berg.straße nicht so toll ist, das jay sei. da sei jedenfalls auch ganz gute musik, sagte ich.

die hunde. die katzen. die skizzen.

jemand meinte, ich sei zu oft betrunken. wenn man mich spät nachts irgendwo antreffe, könne man darauf wetten, dass ich betrunken sei. ich gab ihm recht. ich hielt ihm mein ohr hin, das wohl wegen des schnapses rot war. es war so laut, dass ich ihn sonst nicht hätte verstehen können. er hielt mir sein ohr hin, in das ich hinein sprach.

licht in die ohren bringen.

mit dem vater am telefon redete ich über versicherungen. ich nahm an, dass ihn das interessieren würde. es interessierte und freute ihn, weil er annahm, dass ich, wenn ich über versicherungen nach.dächte, mein leben in die hand nähme. er sagte das nicht, aber er nahm sonst an, dass ich in den tag hinein lebte und fahrlässiger.weise nicht über zukunft nach.dächte. niemand denkt so sehr an die zukunft wie rentner.

am abend nach dem strand.tag neulich hatte ich das reclam.heftchen eichendorff: aus.dem.leben.eines.taugenichts aus dem regal gezogen. die novelle beginnt mit dem ziemlich ab.turnenden satz „das rad an meines vaters mühle brauste und rauschte schon wieder recht lustig“.

am sonntag hatte ich den ganzen tag onaniert. ich sage nicht, ich hätte gewichst. ich dachte beim onanieren, dass ich onaniere. mir fiel dabei das alter.tümliche wort „onanieren“ ein. masturbieren fand ich zu lateinisch. im sex.laden gibt es allerdings magazine, die prosaisch „masturbation“ titeln. darin sieht man frauen, die masturbieren. ich allerdings onanierte. (ich war sozusagen das sweat.shirt, das in wirklichkeit ein pullover ist.)

es sind alles nur skizzen. ich hatte davon geredet, dass jetzt das erzählen wieder in sei. ich aber könne und wolle nicht erzählen. gen.c. meinte, ich erzählte aber doch. und mit den kleinen geschichten, also dem erzählten in meinen texten, könne er am meisten anfangen. ich sagte, dass es aber zum größeren gesamt.entwurf nicht reiche. ich nahm das auch an, konnte das begründen. dass nämlich die erfahrung auch fragmentarisch, also collage sei. und schon war das wieder so ein sehr blöder theorie.diskurs.

es ging aber um licht.

wie macht man licht?

in der küche hatte die glüh.birne geflackert. ich hatte sie ausgeschaltet, dann wieder angeschaltet. beim anschalten kam ein blitz. die birne war durch.gebrannt. bei „birne“ reimte sich in mir das old.schoolige wort DIRNE dazu. was sind dirnen? dirnen sind huren. oder nutten. na gut, prostituierte. das wort.feld erforschen: horizontales oder auch ältestes gewerbe. auf den videos war gelegentlich von hobby.nutten die rede und ich wusste nicht genau, was damit eigentlich gemeint sei. andere nannten sich nüttchen oder, wenn sie sehr jung waren, nymphchen. nutten.dirnen.huren. ich ahnte, dass man für all das irgendwann mal würde bezahlen müssen.

selbst.anklage. tribunal. hier sehen sie mich mit abgeschnittenem ohr. und hier - ich zeige die entsprechende foto.shop.montage - schiebe ich mir gerade, abgefahrenes sex.spielchen, die kalt gefettete pistole in den po.

dann löste sich ein schuss. und ich sah das licht.


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